5 Fragen an Sophie

Mit 21 Jahren erhielt Sophie die Diagnose Glioblastom und sah sich mit einer Reihe an Herausforderungen konfrontiert: So erzählt sie uns über Ihre Rückkehr in den Arbeitsalltag und den Umgang mit der Angst vor einem Rezidiv. Besonders Beschäftigung, regelmäßige Rituale und der Austausch mit Ihrem Mann und der Familie helfen Sophie dabei, offen mit der Erkrankung umzugehen. Betroffenen rät sie, sich nicht unterkriegen zu lassen und die Momente zu genießen, die einem sowohl das kleine als auch das große Glück bereiten.

Was waren für Dich die ersten Anzeichen, dass etwas nicht stimmt?

Sophie: Ich saß auf dem Sofa, habe eine Sendung im TV geguckt und plötzlich hat meine rechte Körperhälfte sehr stark gekribbelt – meine Bewegungen haben sich nicht mehr kontrollieren lassen. Ich hatte das Gefühl, Nasenbluten zu bekommen – da war aber nichts. In dem Moment wollte ich meinem Partner sagen, dass mit mir etwas nicht stimmt. Dies hat allerdings nicht funktioniert, da ich nicht mehr in der Lage war mich ausdrücken. Der Zustand hat nur kurz angehalten, ca. zwei Minuten, und danach war alles wie vorher. Anschließend sind wir ins Krankenhaus gefahren, um das abklären zu lassen. Dort konnte direkt gesagt werden, dass dies ein fokaler Anfall war und dass die Ursache gesucht werden muss.

Wann und wie hast Du Deine Diagnose erhalten?

Sophie: An diesem Abend (Februar 2020) wurden in der Notaufnahme direkt ein CT und ein paar neurologische Tests gemacht. Als das Ergebnis vom CT da war, hat man mir gesagt, dass im Gehirn was zu sehen ist, was da nicht hingehört, es aber nicht genau gesagt werden kann, um was es sich handelt. Die Ärzte haben sich dann mit einer Klinik in der nächsten Großstadt abgestimmt, die auch auf Tumore spezialisiert ist und ich wurde mit einem Rettungswagen in dieses Klinikum gebracht. Dort wurde mir erklärt, dass es sich entweder um eine Zyste im Gehirn handelt oder um einen Tumor. Um dies bestimmen zu können, wurde ein MRT gemacht. Nach dem MRT wurde mir dann schon mitgeteilt, dass es sich um einen Tumor handelt und man sich zeitnah um einen OP-Termin kümmern und nach der OP ein Behandlungsplan aufgestellt wird. Die genaue Art des Tumors konnte noch nicht gesagt werden, aber die Ärzte haben schon vermutet, dass es sich um einen bösartigen Tumor handelt. Nach der OP und der pathologischen Untersuchung des Gewebes konnte dann die Diagnose Glioblastom gestellt werden.

Wie sieht ein normaler Tag momentan für Dich aus? Wie gehst Du mit Ängsten um?

Sophie: Zum Glück hat mich die Therapie körperlich bisher nicht so sehr belastet, dass ich nach der Behandlung große Einschränkungen habe. Mein Immunsystem ist vor allem durch die Chemo-Therapie angegriffen worden und ich muss aufgrund verschlechterter Blutwerte noch ein Mal im Monat zur Blutabnahme. Ich bin nach etwa drei Monaten Krankheit (von Diagnose bis Ende der Bestrahlung) wieder in meinen Arbeitsalltag zurückgekehrt. Das hat mir sehr gutgetan. Natürlich ist man nicht mehr so leistungsfähig wie vor der Behandlung, aber ich kann in Vollzeit arbeiten und normal leben. Man muss seine Grenzen beachten und sich dann Pausen nehmen. Ich gehe werktags also zur Arbeit und mache dann gerne noch jeden bis jeden zweiten Tag ca. eine halbe Stunde Yoga oder Gymnastikübungen, um einen Ausgleich zum Bürojob zu schaffen (nur zu Hause mit Anleitung aus YouTube Videos). Ich koche auch gerne. Zwei Mal in der Woche besuche ich einen Abendkurs für eine berufliche Weiterbildung. Am Wochenende unternehme ich gerne was mit meinem Ehemann, der immer an meiner Seite ist. Natürlich entspanne ich am Wochenende auch sehr viel und meditiere zum Beispiel. Die Ängste vor einem Rezidiv belasten mich im Alltag die meiste Zeit nicht so sehr, da immer viel los ist. Wenn es aber auf die Nachkontrollen zugeht (diese finden bei mir alle drei Monate statt), fangen bei mir Bedenken vor dem nächsten MRT-Bild an. Bisher ist zum Glück kein Rezidiv zu sehen gewesen. Aber besonders die letzte Woche vor dem Termin bin ich emotional aufgewühlter als sonst und kann schlechter schlafen. Am besten hilft es mir da mit meinem Mann und meiner Familie darüber zu reden, denn das Umfeld „leidet“ mit. Ich war auch schon mal zu einem Gespräch bei einem Psychoonkologen, der mir wertvolle Tipps für den Umgang in der Familie gegeben hat. Von ihm habe ich auch, dass Angst oder Befürchtungen im gewissen Maße normal sind, da die Erkrankung eine reale Bedrohung darstellt. Man sollte offen damit umgehen und sich Vertrauten öffnen, das hilft mir gegen die Angst. Gerne schreibe ich auch mal meine Gedanken bei einer Meditation nieder, um mit diesem Gefühl umzugehen

Wie möchtest Du von Deinen Freunden und Deiner Familie gerne behandelt werden nach Deiner Diagnose? 

Sophie: Ich möchte „normal“ behandelt werden. Für mich wäre es nicht gut, mich im Alltag krank zu fühlen, weil die Umgebung mich anders behandelt. Ich fühle mich gesund (medizinisch gesehen ist man leider krank, aber deswegen muss ich mich ja nicht so fühlen) und möchte mir auch von außen nicht das Gefühl geben lassen, nicht wie andere junge Menschen zu sein. Gerade weil man die Krankheit nicht äußerlich sehen kann, gibt mir dies das Gefühl, Abstand von der Diagnose nehmen zu können. Auf meiner neuen Arbeitsstelle weiß auch niemand über die Krankheit Bescheid, das möchte ich persönlich auch erst mal so lassen. 

Gibt es etwas, das Du anderen Patientinnen und Patienten gerne sagen möchtest? 

Sophie: Lasst euch nicht unterkriegen. Nach der OP hat mir eine Ärztin gesagt, dass die Krankheit nicht heilbar ist. Das war ein riesengroßer Schock für meine Familie und mich und hat uns alle sehr runtergezogen. Aus jetziger Sicht fand ich es schade, dass man direkt am Anfang so einen Dämpfer versetzt bekommen hat und damit erst mal die Hoffnung verliert (und das schon vor der eigentlichen Therapie). Ich hätte noch motivierter und kämpferischer in die Therapie gestartet, hätte man sich anders ausgedrückt. Sucht nicht bei Google gezielt nach negativen Beispielen oder Überlebensraten und Folgen bei der Krankheit. Wenn man sucht, findet man auch Leute, die mit der Diagnose seit vielen Jahren leben. Konzentriert euch auf die Möglichkeiten, die ihr selber habt, etwas gegen den Tumor zu machen. Auch wenn ihr der Krankheit den Kampf nur mental und mit Lebensfreude entgegnen könnt. Traut euch auch Termine in weiterer Zukunft zu machen (z.B. Urlaub buchen) und verfolgt eure Ziele weiterhin (z.B. Lebensziele/ Aus-/Fortbildung…). Versucht positiv zu bleiben, genießt euer Leben und seid dankbar für jedes Lächeln, jeden Sonnenstrahl und alles, was euch glücklich macht!